Russland steht nicht sehr weit oben auf der Liste der Länder, die ich in den kommenden Jahren besuchen möchte. Die aktuelle Außen- und Innenpolitik ist für mich allzu schwer nachvollziehbar. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich mich in Russland als Reisender entspannt bewegen würde, obwohl es sicher ein schönes und interessantes Land ist. Nun hat mich jedoch der russische Premierminister Dmitry Medvedev in einem thailändischen Shopping-Center eingeholt und auf ungewöhnliche Weise positiv überrascht.
Im Siam Paragon, einem der großen Einkaufszentren Bangkoks, in dem sonst Dior, Armani und Louis Vuitton ihre Waren präsentieren, präsentiert Medvedev aktuell sein Bilder „Through the Lens of Prime Minister“. Es sind Bilder seiner Reisen durch Thailand, Russland und andere Länder, die er als Premierminister bereist hat. Als wir zufällig auf die Foto-Ausstellung trafen, führten dort gerade thailändische Frauen russische Folklore auf. Wenn Reisen dazu da sind, neue und überraschende Perspektiven zu vermitteln, dann ist das in diesem etwas surrealen Moment gelungen.
Menschen die – mehr als Selfies – fotografieren, interessieren sich für das, was sie sehen. Sie möchten schöne und interessante Momente festhalten. Fotografieren ist ein persönlicher kreativer Akt. Medvedev nennt seine Kamera „my inseparable companion“. Er schreibt über sein Bilder „I saw Thailand not only through the eyes of a Head of a Government of a friendly Country, but also through the eyes of a traveler.“ Wenn ich glaube, dass dies nicht nur die Formulierungen seiner Presseabteilung, sondern auch seine eigenen Worte sind, dann hat Medvedev mit dieser Ausstellung bei mir ein klein wenig an Sympathie gewonnen. Denn ein fotografierender Reisender macht vielleicht mittel- und langfristig eine andere Politik als ein Mann, der sich selbst nur als Premierminister eines großen Landes sieht. Und ich gewinne einen kleinen Eindruck von seinem Blickwinkel auf die Welt. Das gefällt mir an der Idee dieser Ausstellung. Ich wäre auch neugierig auf eine Ausstellung mit Merkels Fotos in Warschau, Orbans Fotos in Köln, Camerons Bildern in Tunis oder Xi Jinpings Bildern in New York. Auch sie könnten zu einer Perspektiverweiterung beitragen – bei unserem Blick auf die Welt und die Köpfe hinter der Kamera.